News-Ticker

Nordic Melanoma Belt in Heringsdorf

Ein Rückblick auf eine informative Tagung und Ausblick auf die aktuelle Forschung

Gute Aussichten!

Das Nordic Melanoma Belt hatte sein Gründungssymposium im Sommer 2017. Gegründet von den Universitätskliniken Rostock und Kiel soll dieses Symposium fachlichen Austausch der Dermatoonkologen in Norddeutschland bieten. Auch in diesem Jahr war ein Vertreter des Hautkrebs-Netzwerkes Deutschland e.V. eingeladen.

An dieser Stelle sei ein großer Dank an den Ausrichter, das Team der Universitäts-Hautklinik Greifswald um Prof. Dr. med. M. Jünger und den leitenden Oberarzt Dr. med. A. Arnold gesagt, für die Organisation und Durchführung eines überaus abwechslungsreichen und spannenden Programms.

Aktuelle Forschung

Am Samstag begann Dr. F. Kiecker mit einem spannenden Vortrag zur aktuellen Forschung. Es scheint, als liege derzeit ein großer Forschungsschwerpunkt  auf der Weiterentwicklung von Immunkombinationstherapien. Einige neue Wirkstoffe, aber auch einige neue Forschungsansätze lassen hoffen, dass Hautkrebs zukünftig in noch viel mehr Fällen beherrschbar wird, als es derzeit der Fall ist. Man verspricht sich offensichtlich von der Kombination verschiedener Substanzen und Verfahren eine bessere Wirksamkeit. Aktuell laufen Studien zur Kombination von T-VEC mit Ipilimumab bzw. Pembrolizumab. Die Forschung zeigte auch, das beispielsweise der Marker CD 73 bei den Patienten besonders hoch ist, die schlecht auf PD1-Therapien ansprechen. Ein Denkansatz ist also, durch Hemmung von CD 73 ein besseres Ansprechverhalten für PD1-Therapien zu erreichen. Andere Stichworte in der Erforschung von Immuntherapien sind Anti-LAG3, HDAC-Inhibitoren oder auch Anti-GITR. Ziel in allen Fällen ist es, das Ansprechverhalten auf PD1-Therapien zu verbessern.

Adjuvante Therapieansätze

Der nächste Vortrag wurde von PD Dr. P. Terheyden aus Lübeck gehalten.  Inhaltlich drehte sich der Vortrag vor allem um die Frage, ob man PD-1-Therapien in der adjuvanten Situation einsetzen sollte. Dafür spricht, dass die Wirkung umso besser ist, wenn die Tumorlast (noch) gering ist, also ganz besonderer Vorteil für die erfolgreiche adjuvante Therapie. Dagegen spricht, dass es häufig zu Nebenwirkungen kommt, in einigen Fällen auch zu schweren. Insgesamt wurde deutlich, dass es immer eine Entscheidung ist, die behandelnde Ärzte gemeinsam mit den Patienten treffen müssen.  Eine weitere sehr wichtige Erkenntnis ist, dass ein erneutes Ansprechen auf Nivolumab im Falle einer Krankheitsprogression möglich ist (Re-Challenge). Man verschießt also nicht das sprichwörtliche Pulver, wenn man bereits im tumorfreien Stadium III adjuvant mit Nivolumab behandelt und dann im Falle der Progression erneut einen Therapieversuch startet.

Schwieriger ist die Entscheidung für eine Therapie im Stadium II. Gerade im Stadium II C ist das Risiko einer fortschreitenden Erkrankung nicht zu unterschätzen. Gleichwohl muss man den Therapienutzen mit den bestehenden Nebenwirkungsrisiken ins Verhältnis setzen. Leider wird es aber alsbald ohnehin keine Zulassung für die adjuvante Behandlung im Stadium II geben.

Biomarker

Der folgende Vortrag von Dr. R. Greinert aus Buxtehude drehte sich um die Erforschung geeigneter Biomarker. Der Vorteil von Biomarkern aus Körperflüssigkeiten (insbesondere Blut) ist die relativ einfache und stetig wiederholbare Entnahme-Möglichkeit. Biomarker sollen letztlich einer verbesserten Diagnostik und einer individuelleren Therapieauswahl dienen. Findet man den oder die richtigen Biomarker, könnten das Vorhandensein einer Erkrankung, deren Verlauf und die Erfolgsaussichten bestimmter Therapien besser eingeschätzt werden. Hier liegt derzeit der Focus auf der microRNA. Problematisch ist aber noch immer, den richtigen Biomarker zu finden und vor allem Standards bei seiner Gewinnung zu finden. Offensichtlich hat schon die Art der Blutentnahme erhebliche Auswirkung auf die darin gefundenen microRNA’s. Auch hier wird die Forschung noch mehrere Jahre dauern müssen, bis Biomarker zuverlässige Hilfsmittel sind.

Interaktives Nebenwirkungsmanagement

Der nächste Vortrag von Frau Dr. K. Kähler aus Kiel drehte sich um das Thema Nebenwirkungsmanagement. Sehr interessant dabei, dass bereits vorbestehende Autoimmunerkrankungen sich unter einer Immuntherapie nicht zwangsläufig verschlimmern müssen. Das eröffnet durchaus auch für diese Patientengruppe eine Therapieoption mit dem doch sehr toxischen Wirkstoff Ipilimumab. Schwerpunkt des Vortrages war die Frage, wie können unerwünschte Nebenwirkungen früh erkannt werden? Welche Behandlungsstrategie kann die Beste sein? Wie muss interdisziplinär optimal für den Patienten zusammengearbeitet werden?

Therapie des metastasierten Melanoms in besonderer Konstellation

Der letzte Vortrag beleuchtete Schwerpunktmäßig die Therapie bei mehreren akuten Krebserkrankungen. Hier wurde sehr deutlich, dass es nicht selten ist, dass Patienten an zwei oder mehr Krebsarten erkranken, manchmal auch zeitgleich. Hier besteht die große Schwierigkeit darin, Therapiekonzepte zu entwickeln, die eine wirksame Behandlung ermöglichen und es dabei nicht zu Wechselwirkungen kommen zu lassen. Beispielsweise würde eine Chemobehandlung von Brustkrebs eine Immuntherapie gegen das Melanom ausschließen. Diese Situation stellt eine große Herausforderung dar.

Kasuistiken

Zwischen den einzelnen Vorträgen kam es immer auch zur Vorstellung interessanter Fälle aus den verschiedenen Einrichtungen. Meist ging es passend zum Vortragsthema um die Behandlung des Hautkrebs oder der Milderung von Nebenwirkungen, in einem Fall aber auch um die ethische Frage, bis zu welchem Zeitpunkt kann/soll der Arzt einem Therapiewunsch des Patienten folgen und ab wann muss der Arzt die „Reißleine“ ziehen und auf eine palliative Versorgung umstellen.

Für mich der emotional schwierigste Teil der Tagung, aber insoweit beruhigend, als dass ich jetzt weiß, dass Ärzte sich dieser Thematik aus Ihrer Perspektive nähern, sich immer Gedanken um Patientenwohl und Patientenwunsch machen und in den schwierigsten Situationen einer Erkrankung als Berater und Partner an der Seite des Patienten stehen.

Pausengeflüster

Zwischenzeitlich ergab sich immer mal wieder die Gelegenheit, Randthemen zu besprechen. Ein Themenschwerpunkt war die aktuelle Finanzierung von Forschung. Da die Forschungsgelder zeitlich begrenzt sind, müssen Forschungseinrichtungen zwangsläufig mit befristeten Arbeitsverträgen reagieren. Das wiederum ist für die Gewinnung von Fachkräften kontraproduktiv. Darüber hinaus bindet die stetige Einwerbung von Drittmitteln auch Kapazitäten, die dringend in der Forschung gebraucht würden.

Das Arzt-Patienten-Gespräch war ebenso ein kurzes Pausenthema. Neugierig waren die Ärzte auf meine Sicht der Dinge, aber ebenso spannend fand ich die Sicht der Ärzte. Es zeigte sich, dass beide Seiten gleiche Ziele haben, aber eben unterschiedliche Ansprüche und Erwartungen. Hier liegt die Schwierigkeit und hin und wieder auch ein wenig Konfliktpotential.

Ein letzter kurzer Themenbereich in der Pause war die Frage nach Schwangerschaft trotz Melanom-Diagnose. Hier scheiden sich die Geister. Das Problem dabei ist, dass sowohl die Schwangerschaft als auch die Krebserkrankung einige Gemeinsamkeiten aufweisen. Letztlich wächst ein „Fremdkörper“ heran. Beides bewirkt eine Veränderung der Immunantwort auf die „Fremdkörper“. Es ist noch zu wenig bekannt, um sicher eine Empfehlung für eine (geplante) Schwangerschaft zu geben. Diese Frage kann wohl nur individuell mit guten Spezialisten beraten werden.

Zum Abschluss gab es sowohl vom Mitbegründer des Nordic Melanoma Belt Prof. Dr. S. Emmert, als auch vom verantwortlichen Ausrichter Dr. A. Arnold eine Einladung für das nächste Jahr in Berlin. Das nächste Nordic Melanoma Belt findet am 14. Und 15. Juni 2019 in Berlin statt. Ausrichter sind Frau Prof. Ludwig-Peitsch, Herr Prof. Hillen und Herr Prof. Harth.

Ebenso positiv angemerkt wurde der aktuelle Wissenstand. Dies ist die vielleicht wichtigste Erkenntnis des Wochenendes, nur gut informierte Patienten können gute Entscheidungen treffen.  Eine wichtige Informationsquelle sind Netzwerke wie das HKND. Also, immer schön am Ball bleiben und viel über sich und den Hautkrebs lernen.

Burkhard Köhler

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