Loes: Meine Hautkrebsgeschichte
Aktiv werden und sich Meilensteine setzen: Die Workshopleiterin der “Ges-ch-ichtswerkstatt” Loes Broekmate beschreibt ihren eigenen Umgang mit ihrer Melanomdiagnose in einer weiteren Folge von Texten und Ergebnissen dieses Workshops, der jetzt wieder angeboten wird.
Mehr zum Workshop “Ges-ch-ichtswerkstatt” lesen Sie hier:
Der HKND-Workshop “Ges-ch-ichtswerkstatt” machte eigene Ressourcen sichtbar
Szene 1: Mein rechter Schuh passt nicht mehr
Mein rechter Schuh passte mir nicht mehr. „Das Ding da unten am Fuß muss weg“, sagte ich. „Machen Sie sich keine Sorgen,“ sagte die Hautärztin, „es ist bestimmt ein „Granuloma Pyogenicum“. Es war ein Mittwoch im April 2017.
Szene 2: Böses Erwachen
Die Diagnose kam drei Tage später: Hautkrebs, fortgeschritten (Malignes Melanom, Stadium IIIC). Ab diesem Wochenende fürchtete ich, dass ich das Ende des Jahres nicht erleben würde. Ich wusste schon, wie tödlich Hautkrebs sein kann. Mich selbst habe ich in diesem Wochenende damit überrascht, dass ich alle mir wichtigen Personen direkt informiert habe. Ich konnte spüren, wie wichtig die „anderen“ für mich sind.
Szene 3: Das machen wir schon
Am Montag darauf im Krankenhaus gab es viele besorgte Gesichter. Aber auch Zuversicht. Als mein Mann und ich nach Hause fuhren, hatten wir das Gefühl: es ist machbar.
Szene 4: Lebensqualität
Ich habe bis heute nicht wirklich verstanden, warum mir die Interferontherapie und eine Lymphknotendissektion angeboten wurden. Sie wurden klipp und klar mit dem Label versehen, dass sie keinen Unterschied in der Überlebensprognose machen würden. So entschied ich mich nach intensivem Ringen mit mir selber und nach Rücksprache mit meinen Hautärzten für Lebensqualität (und gegen die Behandlungen).
Szene 5: Aktiv sein
Ende August 2017 ging mein „neues Leben mit Krebs“ weiter. Behandlung abgeschlossen, alle drei Monate Kontrollen und der dauerhafte Versuch, meine Ängste in Schach zu halten. Ich gründete eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Hautkrebs in Köln und wurde Moderatorin für die Hautkrebs-Betroffenengruppe vom Niederländischen kanker.nl (Krebs.nl).
Ich habe konsequent alles, was ich als Achtsamkeitstrainerin gelernt hatte, angewendet, um meinen Stress zu reduzieren und meine Emotionen mit voller Akzeptanz zu spüren und zu verstehen. Es war nicht immer schön, aber sehr hilfreich. Und auch das Schreiben hat mir wieder einmal geholfen, viele Bücher haben sich gefüllt.
Weitere Rettungsanker waren neue Aufgaben als frisch gebackene Achtsamkeitstrainerin, neue Prioritäten, meine Familie und viele liebe Freund:innen.
Szene 6: Meilensteine
Von Anfang an habe ich mir Meilensteine gesetzt. Januar 2018: Jahreswechsel überlebt. April 2018: Ein Jahr überlebt. April 2020: 3 Jahre überlebt. Und jetzt ist es schon mehr als sieben Jahre her und die Krankheit verhält sich ruhig. Mein nächster Meilenstein…
Szene 7: Dankbarkeit, Lebensfreude, Wachstum
Immer mehr konnte und kann ich Dankbarkeit für mein Leben spüren. Mir wurde bewusst, dass ich mich entscheiden kann. Ich bestimme meine Prioritäten und was mir wichtig ist. Ich machte endlich Montag und Freitag frei von Reisen und Raum für Ehrenamt. Die Selbsthilfe gibt mir ein Gefühl von Sinn. Ich fühle mich verbundener mit anderen Menschen. Ich erlebe tiefer, wie es anderen geht, kann besser zuhören. Ich bin wohlwollender mit mir und anderen. Mein Lebensgefühl ist heller, freudiger und freundlicher, auch wenn der Krebs und die Angst nie ganz weg sind.
Text: Loes Broekmate, Fotos: Rosemarie Schönthaler