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Die Expertenvorträge vom Hautkrebs-Patiententag 2021

Die Expertenvorträge vom Hautkrebs-Patiententag am 17.04.

Therapieoptionen beim fortgeschrittenen Melanom Das Bild zeigt die Therapieoptionen beim fortgeschrittenen Melanom

Der 5. Deutsche Hautkrebs-Patiententag war, wie im ersten Teil des Berichts beschrieben, ein voller Erfolg. Und er war von der Beteiligung und den Inhalten her wieder eine Bestätigung, dass das Hautkrebs-Netzwerk relevante Antworten auf die Bedürfnisse von Hautkrebs-Betroffenen bietet. Im zweiten Teil unseres Berichtes geht es nun etwas ausführlicher um die Fachvorträge.

Komplementärmedizin bei Krebs heißt auch selbst aktiv werden

Im ersten Teil des Berichts vom 5. Deutschen Hautkrebs-Patiententag 2021 ging es um die positive Erfahrung mit einer wegen Corona online durchgeführten Veranstaltung. Jetzt soll näher auf die Fachvorträge eingegangen werden.

Frau Prof. Dr. Jutta Hübner (Jena) eröffnete mit ihrem Vortrag “Komplementäre oder Alternative Medizin – was kann ich sinnvoll tun?” den Themenkanon. Ihre, mit humorvollen Illustrationen gewürzten Darlegungen machten den Unterschied zwischen komplementärer, supportiver und integrativer Medizin deutlich.

Karikatur "Positiv denken"

(C): www.cartoon-concept.de

Komplementäre Medizin bezeichnet Heilverfahren, die dem Patienten zusätzlich zur eigentlichen Krebs-Therapie Besserung oder Linderung seiner Beschwerden verschaffen.

Frau Prof. Dr. Hübner erklärte: “Zur komplementären Onkologie gehören Verfahren, mit denen wir Sie begleiten können, die abgestimmt sind auf die eigentliche Tumortherapie. Und die Zielrichtung ist eher dahingehend, dass wir versuchen, Sie zu unterstützen, Nebenwirkungen abzumildern und die Lebensqualität zu verbessern. Das nennt man auch supportive Therapie, unterstützend von der medizinischen Seite.”

Und die komplementäre Medizin im engeren Sinne ist zusätzlich, was die Patienten selber machen können, abgestimmt mit den behandelnden Ärzten. Dazu gehören viele Entspannungsverfahren, pharmakologisch gut untersuchte Heilpflanzen und Heiltees (Achtung wegen der Nebenwirkungen), Sport und Bewegung.

Vortragsfoloie Fatigue

Frau Prof. Hübner erklärt, was bei Fatigue gut helfen kann.

Dagegen liegt es in der Natur der sogenannten alternativen Medizin, dass teilweise pauschal Verfahren und Mittel angewendet werden, die angeblich ohne jegliche Nebenwirkungen sind und einen Heilerfolg in Aussicht stellen, ohne das dies durch wissenschaftliche Studien belegt ist.

Sie finden weiterführende Informationen zur komplementären Medizin in unserer Broschüre und in unserem Youtube-Kanal.

Online-Seminar Komplementäre Medizin HKND 2021

Der Vortrag von Frau Prof. Dr. Jutta Hübner als pdf

 

Die häufigste Krebsart – heller Hautkrebs – ist oft vermeidbar

Danach stellte Herr Prof. Dr. Emmert (Rostock) das Wichtigste zum sogenannten weißen oder hellen Hautkrebs vor. Dabei erklärte er dermatologisches Grundwissen und wichtige Präventionsmaßnahmen. Hautkrebs ist auch weltweilt die häufigste Krebsart und rangiert noch vor Brust- und Lungenkrebs. Hierzu gehören sowohl die Basalzellkarzinome (Basaliome), die Aktinischen Keratosen sowie die Plattenepithelkarzinome, ebenso wie die selteneren Krankheiten, z. B. die kutanen Lymphome und das Merkelzellkarzinom.

Praktische Tipps für den Sonnenschutz

Der Schutz vor UV-Strahlung ist der beste Schutz vor Hautkrebs. Der Experte rät dazu, beim Sonnenschutz zunächst die Mittagssonne zu meiden und zweitens auf textilen Sonnenschutz, d.h. die richtige Bekleidung, zu setzen. Bei der Sonnencreme kommt es darauf an, dass sie ausreichenden Schutz gegen UV-A-Strahlung bietet und dick genug aufgetragen wird. Dann kann man auch eine Sonnencreme mit niedrigerem Lichtschutzfaktor um die 20 bis 30 wählen.

Zur Frage aus dem Publikum, ob man ältere Sonnencreme z.B. aus dem letzten Jahr benutzen dürfe, bestätigte Prof. Emmert, dass es aufgrund möglicher oxydativer chemischer Veränderungen sicherer sei, stets weniger alte Produkte zu verwenden.

Immuntherapie bei Hellem Hautkrebs

Auch beim Hellen Hautkrebs kann es sehr selten vorkommen, dass dieser metastasiert oder inoperabel ist. Dann können medikamentöse Therapien helfen. Prof. Emmert schilderte einen interessanten Fall, bei dem ein Patient bereits wegen eines metastasierten Melanoms mit einer Immuntherapie behandelt wurde, und bei dem zugleich zahlreiche Erscheinungen des Hellen Hautkrebses zurück gingen.

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Der Vortrag von Herrn Prof. Dr. Steffen Emmert als pdf

 

Entstehung und Behandlung von Melanomen

Frau Prof. Dr. Friedegund Meier (Dresden) erklärte zuerst den “Weg zum Melanom – Von der Entstehung zur Erkennung und Behandlung”. Die Melanompatient*innen werden immer jünger; inzwischen sind rund 50% unter sechzig Jahre jung. Die schnelle Entdeckung und Behandlung des Schwarzen Hautkrebses, des Malignen Melanoms, entscheidet auch über die Überlebensprognose. Im sogenannten Stadium I ist die Überlebensrate auf zehn Jahre 95%, im Stadium II 84% und im Stadium III noch 70%.

Zur Überlebenswahrscheinlichkeit beim metastasierten Melanom:

Die Früherkennung, z.B. durch die monatliche Selbstuntersuchung der Haut, nach der ABCD-Regel ist wichtig und manchmal schwierig. So wird die Sonderform Akrales Melanom – an Hand oder Fuß – manchmal nicht richtig diagnostiziert.

Je nach Stadium kann nach einer kompletten operativen Entfernung des Tumors eine adjuvante, d.h. unterstützende Therapie verhindern, dass sich Tumorzellen ansiedeln; das Ziel ist die komplette Heilung. (Siehe Entscheidungshilfe Adjuvante Therapie der NVKH)

Das Akral-lentiginöse Melanom ist eine seltenere Form und kann an Händen und Füßen, entweder an den Nägeln oder z.B. auch unter der Fußsohle auftreten und mit Blutergüssen, Diabetesfolgen oder Fußwarzen verwechselt werden.

Das Wissen über Nebenwirkungen muss unbedingt verbessert werden

Im Stadium IV wird meistens mit einer zielgerichteten oder einer Immuntherapie behandelt. Die damit teilweise einhergehenden Nebenwirkungen sind ein großes Thema, und hier ist laut Frau Prof. Meier die Kompetenz und flächendeckende Sensibilisierung von Ärzten und Patienten gefragt. Sie empfahl zur Orientierung die ESMO-Patientenleitlinie zu den Nebenwirkungen der Immuntherapie und stellte auch eine geplante deutsche Leitlinie für immunvermittelte Nebenwirkungen in Aussicht.

Spezielle Nebenwirkungen: Hypophysitis und Addison-Krise

Die Hypophysitis ist eine seltene Erkrankung der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) und kann Folge einer medikamentösen Immuntherapie sein. Durch die Erkrankung wird die Cortisolproduktion der Nebennierenrinde partiell oder komplett unterbunden, so dass eine Unterversorgung des Körpers zu geistiger und körperlicher Erschöpfung sowie zahlreichen weiteren Beeinträchtigungen führt. Die Symptome einer Hypophysitis sind häufig der einer Fatique sehr ähnlich, der Patient fühlt sich geistig und körperlich erschöpft, hat Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, etc. (siehe ESMO-Leitlinie)

Der Morbus Addison ist eine seltene, jedoch potentiell lebensbedrohliche Erkrankung mit einem vollständigen Funktionsverlust der Nebennierenrinde und kann Folge einer medikamentösen Therapie sein. Akute Mangelerscheinungen (Addison-Krise) erfordern als lebensbedrohlicher Zustand ärztliche Notfallbehandlung im Krankenhaus. (Quelle: Morbus Addison – DocCheck Flexikon)

Eine erfreuliche “Nebenwirkung” des Hautkrebs-Patiententags war, dass sich spontan von Hypophysitis Betroffene über den Chat zusammentaten und jetzt eine spezielle Anlaufstelle zum Thema bilden wollen. Wenn Sie Interesse an einem Austausch zur Hypophysitis und Addison-Krise haben, schreiben Sie bitte an: info@hautkrebs-netzwerk.de

COVID-Impfung für Melanompatienten

Frau Prof. Meier ging auch kurz auf die wichtige Frage der COVID-Impfung ein. Diese wird wegen der erhöhten Gefahr schwerer Verläufe dringend empfohlen, auch unter laufender Immuntherapie. Näheres dazu findet man aktuell in den Hinweisen der Deutschen Krebsgesellschaft:  Covid-19: Hinweise für Ärzt*innen sowie für Krebspatient*innen | DKG

Sonderthema Stuhltransplantation

Es hat sich gezeigt, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms, also der Darmflora, das Immunsystem beeinflusst. Bei Patienten, die nicht auf eine Therapie ansprechen, könnte die Stuhltransplantation eine vielversprechende Option sein, die aber bisher nur experimentell angewendet wird. Leider ist die klinische Forschung dazu derzeit durch COVID-19 gehemmt und es gibt auch Risiken, da man z.B. nicht genau weiß, welche Krankheitserreger mit einer Stuhltransplantation übertragen werden können.

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Der Vortrag von Frau Prof. Dr. Friedegund Meier als pdf

 

Therapieoptionen beim fortgeschrittenen Melanom: Bewährtes und Neues

In einem anschließenden zweiten Teil zum Thema Schwarzer Hautkrebs präsentierte Herr Dr. Peter Mohr (Buxtehude) weitere Forschungsergebnisse und Behandlungserfahrungen, sowie die aktuellsten Ansätze z. B. der Resistenzforschung.

“COVID-19 verzögert die Melanom-Therapie – und das ist dramatisch”

Dr. Mohr ging auch auf die Bedeutung der COVID-Pandemie für die Onkologie ein und verwies auf die Richtlinie der DKG zur COVID-Impfung. Man empfehle danach die Impfung generell für Krebspatienten und für den speziellen Fall einer laufenden Immuntherapie, im Abstand von einer Woche zur Infusion zu impfen.

Vortragsfolie zu Krebsdiagnosen in Belgien

Die geringere Zahl der Diagnosen bedeutet, dass die jeweilige Krebserkrankung wahrscheinlich später und damit in einem ungünstigeren Stadium diagnostiziert wird.

Zu den Folgen der, wegen der Pandemie verspätet entdeckten, Melanome sagte Dr. Mohr: “Da rollt eine Welle von fortgeschrittenen Erkrankungen auf uns zu. Die Melanome, die wir jetzt im Krankenhaus sehen, sind relativ dick und das ist schlecht für die Prognose.” Einfach gesagt: Die Patienten gehen nicht mehr zum Arzt und deshalb wird der Hautkrebs später entdeckt. Als Beispiel nannte er Belgien, wo der erste Lockdown dazu führte, dass 61% weniger Melanome festgestellt wurden als im Vergleichzeitraum vor Corona.

Eine Untersuchung aus Italien zeigt z.B., dass die dann erst später diagnostizierten Melanome inzwischen bereits dicker und damit auch gefährlicher geworden sind. Inzwischen gibt es auch sehr gute Zahlen für Deutschland. Während des ersten Lockdowns in Deutschland ist das Screening um mehr als 50% herunter gegangen und hat sich seitdem nie wieder richtig erholt. Von Juli bis Oktober 2020 sind rund 15% weniger zum Screening gegangen als vorher.

Bewährte Therapiemöglichkeiten

Die zielgerichtete Therapie sei die schnellste Therapie, die man weltweit gegen irgendeinen Krebs kennt; man sieht im bildgebenden Verfahren oft einen dramatischen Rückgang der Metastasen. Es gibt drei Medikamentenkombinationen, die etwa gleich gut wirken. Die Auswahl der Kombinationstherapie wird deshalb auch anhand des Nebenwirkungsschemas gewählt. D.h. die Substanzen haben eine vergleichbare Wirksamkeit, aber man kann bei Nebenwirkungen auch wechseln.

Votragsfolie: Therapeutische Optionen

Therapeutische Optionen beim metastasierten Melanom

Daneben gibt es lokale Möglichkeiten, wie Strahlentherapie und Elektrochemotherapie, durch die man zwar keine Heilung, aber eine gute örtliche Kontrolle erreichen kann. Eine weitere interessante Therapieoption bietet T-VEC, das ist ein onkolytisches (krebszerstörendes) Virus, das direkt in eine Metastase eingespritzt wird und zu einem Rückgang der lokalen Metastasen führt.

Die als Immuntherapie bezeichnete, von den beiden Nobelpreisträgern James P. Allison und Tasuku Honjo zum Erfolg geführte Behandlungsform wurde zuallererst beim Melanom eingesetzt und findet heute bei rund 25 Krebsarten Anwendung. Wenn eine Krebsart eine hohe Mutationslast hat, dann ist die Immuntherapie besonders effektiv. Durch UV-Schäden verursachte Krebsarten, wie der Hautkrebs, haben eine solche hohe Mutationslast.

Es gibt sehr erfreuliche, neue Zahlen zum Langzeitüberleben unter dieser Therapieform. Die Chancen stehen hier für die Patienten am besten, die schon anfänglich gut auf die Therapie ansprechen, weshalb weiter geforscht werden muss.

Neue Ansätze

Hierbei wird meistens eine bewährte Immuntherapie mit einer experimentellen Therapie kombiniert. Beispiele sind: Krebsimpfungen, Bempegaldesleukin und Nivolumab, LAG3 und Pembrolizumab. Da diese Therapien noch nicht zugelassen sind, haben Patienten nur die Möglichkeit, sich nach aktuellen Studien dazu umzusehen.

Vortragsfolie: Therapieoptionen des Melanoms im Stadium IV

Therapieoptionen des Melanoms im Stadium IV

Anschließend gab es ausreichend Zeit zur Beantwortung zahlreicher Fragen von Betroffenen, die gerne die Gelegenheit dazu in Anspruch nahmen.

HKND_2021_Vortrag_Melanom_Peter_Mohr

Der Vortrag von Herrn Dr. Peter Mohr als pdf

Den Abschluss des Programms bildete der Vortrag von Anne Wispler und Hans-Walther Bötel vom HKND. Sie stellten mit dem abschließenden Format “Patient*innen im Dialog” die Kompetenz und Erfahrung der Patient*innen in den Mittelpunkt, stellten die Arbeit des Hautkrebs-Netzwerks vor und warben um aktive Beteiligung und Zusammenarbeit.

Patient_innen im Dialog 2021

 

awi/hwb

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